Sonntag, 15. November 2015

Pro Problematik!

Neulich habe ich mit einem Freund telefoniert, der dieses Semester begonnen hat an der Kunstakademie in Stuttgart zu studieren.
"Ja, und sonst so?"
"Alles cool."
"Aber erzähl doch mal, wie ist es an der AKA?"
"Hm. Es ist schon alles super. Aber weißt du, mir läuft das hier alles zu rund. Mein Professor sagt, ich soll mir selbst mehr Probleme machen. Davon lebt die Kunst."

Am selben Tag las ich einen Artikel über die Sängerin Adele, die Ende des Monats ihr neues Album veröffentlicht. Überschrift des Artikels: "Ich hatte Probleme, mich an das Glücklichsein zu gewöhnen". Im Interview sagt sie: "Früher schrieb ich aus tiefer Verzweiflung heraus. Aber was macht man, wenn die nicht mehr da ist?" 
Vielleicht ist das das größte Dilemma, in das man als junger Mensch geraten kann. Das größte Unglück: glücklich zu sein. Eine Lebensphilosophie des Absurden: Das größte Problem keine zu haben.

Angenommen besagter Freund an der Kunstakademie würde nun das Problem eben keines zu haben in seinem Projekt bearbeiten. Was wäre das Ergebnis? Er hätte nun ein zu bearbeitendes Problem. Damit würde sein gesamtes Projekt überhaupt keinen Sinn ergeben. Er wäre ein kleiner Lügner zu behaupten er mache Kunst über das Problem keine Probleme zu haben, denn er bearbeitet schließlich eins. 


Die Problematik des Problems gleicht der Quadratur des Kreises. Selbst Wikipedia verstrickt sich in einem unlösbaren Artikel und lässt mich mit großen Fragezeichen auf dem Gesicht vor meinem Laptop zurück.

"Ein Problem nennt man eine Aufgabe oder Streitfrage, deren Lösung mit Schwierigkeiten verbunden ist. Probleme stellen Hindernisse dar, die überwunden oder umgangen werden müssen, um von einer unbefriedigenden Ausgangssituation in eine befriedigendere Zielsituation zu gelangen. (....) Nicht alle Probleme sind lösbar, (...) Arbeitsaufwand in die Lösung erwiesenermaßen unlösbarer Probleme zu stecken ist nicht sinnvoll. In diesem Fall kann eine Umgehungslösung (engl. workaround) des Problems helfen. Das angepeilte Ziel wird dann so abgeändert, dass sich das Problem gar nicht mehr stellt." 

Wie soll man besagtem Freund denn nun helfen, wenn der Arbeitsaufwand in die Lösung eines unlösbaren Problems nicht sinnvoll ist? Ich sollte eine SMS schreiben: "Hallo, du stehst vor einem unlösbaren Problem. Gib auf! Warte bis du richtige Probleme hast. Das, was du da tust, ist unsinnvoll!!"
Etwas bedenklich, Wikipedias Aussage. Denn gehen wir davon aus ich gehöre der Generation junger Menschen an, für die das größte Problem ist, keines zu haben. Dann würde ich ganz tief drin stecken einer unlösbaren Quadratur des Kreises. Über eine Lösung nachzudenken ist unsinnvol. Ergo: All diese Worte, die ich hier verschwendet habe, strotzen nur so von Sinnlosigkeit. Besser wäre es ein workaround zu finden, sodass sich das Problem nicht mehr stellt. Aber versuche ich mit einer Umgehungslösung nicht auch das Problem zu lösen? Es stellt sich schließlich danach nicht mehr. Das bedeutet: Ich bin zu einer befriedigten Zielsituation gelangt. Damit ist das unlösbare Problem gelöst. - Was wiederum absurd ist.

Was also tun? Den Text an dieser Stelle abbrechen und den Link zu einem Katzenvideo unter diese Worte setzen?
Vielleicht wäre es sinnvoll die Frage zu stellen, was denn sinnvoll ist. Wikipedia hat eine Antwort:

"Um ein Problem lösen zu können, kann es sinnvoll sein, es in einfachere Unteraufgaben zu zerteilen oder auf ein bereits gelöstes Problem zurückzuführen oder die Ausgangssituation auf ungewohnte Art und Weise zu betrachten."

Nun gut. Schlagen wir nochmals den Bogen zum Anfang. Mein Freund an der Kunstakademie und Adele haben das Problem, keines zu haben. Bedeutet dies nicht im Umkehrschluss, dass wir glücklicher sind, wenn wir unglücklich sind? Ein unlösbares Problem. Mist. Aber zumindest ein schöner Gedanke, dass das Streben nach Etwas glücklicher macht als das Ankommen.
Der Weg ist das Ziel. Eine weitere völlig sinnlose Aussage.


Soll ich ein weiteres Fass aufmachen und fragen, wass denn ein "Sinn" ist?
Mir ist einmal jemand sehr harsch ins Wort gefallen, als ich sagte: "Das macht Sinn!" - Er äffte mich nach und sagte: "Das macht Sinn! Nichts macht Sinn! Wie willst du denn Sinn machen? herstellen? produzieren? Das ist ein furchtbar sinnloser Anglizismus. To make sense. Völlig sinnlos in die deutsche Sprache übernommen. Es ergibt Sinn! Es ergibt Sinn!"

Ich wage es noch einmal meine Antwort in Wikipedia zu finden:

"Als Sinn wird die physiologische Wahrnehmung der Umwelt mit Sinnesorganen bezeichnet." Leider schmecke ich Adeles' Problem nocht nicht.

"Sinn ist der Bedeutungs­gehalt beispielsweise eines sprachlichen Ausdrucks." Aha.

"Im engsten Sinn ist damit [dem Sinn des Lebens] die „Deutung des Verhältnisses, in dem der Mensch zu seiner Welt steht“, gemeint." Der engste Sinn des Sinns also. So. So.

"Sinn ist der Name folgender geographischer Objekte:
  • Schmale Sinn, rechter Zufluss der Sinn in Hessen und Bayern
  • Sinn (Fluss), rechter Zufluss der Fränkischen Saale in Hessen und Bayern
  • Sinn (Hessen), Gemeinde im Lahn-Dill-Kreis in Hessen" 

Was soll ich sagen? Die Artikel über Sinn verstrickten sich teils auch in unlösbare Probleme, deretwegen ich die Artikel begonnen hatte zu lesen. "In diesem Fall kann eine Umgehungslösung (engl. workaround) des Problems helfen." 

Ich öffnete nochmals den Artikel zu "Sinn (Hessen)" 

"Geografische Lage

Sinn liegt in 185 bis 356 Meter Höhe am Fuß des Westerwaldes, 3 km südlich von Herborn im Dilltal."

Ich schreibe eine weitere SMS an den Freund an der Kunstakademie: "Du stehst vor einem unlösbaren Problem. Darüber nachzudenken ist unsinnvoll. Wenn du wissen möchtest, was Sinn ist, fahre 2 Stunden und 45 Minuten nach Norden. Sinn liegt in 185 bis 356 Meter Höhe am Fuß des Westerwaldes. Mache einen Spaziergang und genieße den Sonntag! Es könnte dein Problem lösen."